Die Webradios bringen Musikgeschmack auf den Punkt und überlassen unseren Hörerinnen und Hörern die Wahl zwischen derzeit 12 Musikrichtungen. Doch wie entstehen eigentlich diese Spartensender, die für noch mehr Musikvielfalt sorgen?

Hinter den Kulissen der Webradios

Inmitten des Ruhrgebiets in Oberhausen stellen Musikredakteure die Playlists zusammen. Sie gehören zu Radio NRW, dem Rahmenprogrammanbieter für die NRW-Lokalradios. Hier werden die Titel bestimmt, die später in den Webradios wie „Dein Urban Radio“ und „Dein 90er Radio“ zu hören sind. Robby Gierer, Leiter Musikredaktion und Sound von Radio NRW, gibt im Interview Einblicke hinter die Kulissen.

Welcher Unterschied besteht zwischen den linearen Webradios, die das UKW-Programm ins Web streamen und den neu geschaffenen Webradios?

Porträtfoto von Robby Gierer, Leiter Musikredaktion und Sound von Radio NRW. Foto: Radio NRW

Robby Gierer, Leiter Musikredaktion und Sound von Radio NRW. Foto: Radio NRW

Robby Gierer: Mit dem Simulcast-Stream, der das UKW-Programm ins Web streamt, können die Hörer ein Vollprogramm genießen, das neben Musik auch Nachrichten, Beiträge, Interviews und Comedy enthält. Das Programm richtet sich an eine breite Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren und deckt daher eine große Palette an Musikgeschmäckern ab. Die Webradios hingegen basieren derzeit in erster Linie auf Musik. Dabei bietet uns das Internet Möglichkeiten der Produktdifferenzierung, die wir über UKW aufgrund der begrenzten Frequenzen nicht haben. Mit den verschiedenen Stilrichtungen kommen wir so dem stetig gestiegenen und immer weiter diversifizierten Musikgeschmack unserer Hörer entgegen. Hier können wir auch popmusikalische Randspielarten bedienen und damit unser musikalisches Angebot aus dem linearen Programm ergänzen und erweitern. Die Webradios sollen unser musikalisches Portfolio zielgruppenorientiert ergänzen.

Warum sind die Webradios ein wichtiges Produkt in der Digitalstrategie unserer Lokalsender? Wie werden sie positioniert?

Robby Gierer: Das Mediennutzungsverhalten hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Die Digitalisierung hat zahlreiche Devices wie Smartphones, Tablets oder Smartspeaker hervorgebracht, auf denen die lokalen Radiosender natürlich auch vertreten sein wollen und müssen. Durch den Einsatz von Simulcast-Streams und den Webradios können wir dies sicherstellen. Hinzu kommt, dass wir eine immer stärker zersplitterte Musiklandschaft vorfinden und sich ein immer weiter diversifizierter Musikgeschmack bei unseren Hörern und Usern entwickelt. Weiterhin beobachten wir einen erhöhten Bedarf an kuratierten Playlists, die den individuellen Geschmack der Hörer noch gezielter abbildet, als ein generalistisches AC-Format es im Detail leisten kann. Das bietet Potenzial, auch Menschen zu erreichen, die unsere klassischen Radiosender noch nicht nutzen. Die Webradios werden über Trailer und Moderationen (z. B. zu speziellen Songs) oder im Rahmen von Programmaktionen (90er-Tag – Dein 90er Radio, Herbert-Grönemeyer-Konzert – Dein DeutschPop Radio etc.) beworben.

Die Mischung machts: So entsteht ein Webradio

Der Ruf nach mehr Musikauswahl war schon immer groß. Wie vielfältig sind die Webradios? Auf welchen Kriterien basiert die Auswahl der neuen Sparten?

Robby Gierer: Mit den Webradios bilden wir u.a. musikalische Segmente ab, die in unserem UKW-Programm eher eine untergeordnete Rolle spielen, für die wir aber durchaus ein Hörer-Potenzial identifizieren konnten. Das gilt z. B. für Channels wie Rock, Urban, Oldie oder Schlager. Dann gibt es die sogenannten Dekaden-Channels mit Songs aus den 80er oder 90er Jahren, die bei den Usern im Moment am besten ankommen. Auf Basis kontinuierlicher Markbeobachtung und entsprechender Marktforschungs-Maßnahmen wollen wir aber auch zukünftige Trends und musikalische Entwicklungen mit ausreichend kommerziellen Potenzial identifizieren.

Wie wird die Abwechslung innerhalb der Playlists gewährleistet, wenn die Webradios an den Start gegangen sind?

Robby Gierer: Die Basis ist immer eine Stoffsammlung bestehend aus der redaktionellen Auswertung von Verkaufs- und Airplay-Charts, stil- und imagebildenden Songs sowie musikalischer Besonderheiten, die prägend für eine Ära waren bzw. sind wie es z. B. die Neue Deutsche Welle (NDW) für die 80er-Jahre war. Das Auffrischen der Playlist – sprich das Hinzufügen aktueller Titel sowie die Pflege der Kategorien und die Anpassung der Planungsregeln – erfolgt in der Regel wöchentlich nach Auswertung diverser Charts und Neuerscheinungen. Dekaden-Channels wie 80er oder 90er brauchen hingegen weniger die Addition von neuen Titeln, dafür legen wir hier ein größeres Augenmerk auf die Planung im Hinblick auf Stil, Energie der Titel und die Mischung der Geschlechter.

Die Webradios unserer Sender im Überblick

Tippen oder klicken Sie in der folgenden Übersicht auf ein Webradio, um mehr Details zur Musikrichtung zu erhalten.

Die ersten neun Webradios gingen 2016 an den Start. Wie hat sich die Nutzung in NRW entwickelt?

Robby Gierer: Die Reichweitenmessung innerhalb der ma IP Audio weist die Webradios erstmals Anfang 2017 aus. Innerhalb der letzten zwei Jahre haben sich die Nutzerzahlen (Sessions pro Monat) für jeden Channel mindestens verdreifacht. Zwischenzeitlich sind zwei weitere Angebote gestartet. Aktuell kommt die radio NRW Webchannel-Kombi auf 347.446 Sessions (Quelle: ma 2019 IP Audio II).

Die Webradios sprechen durch die definierte Musikauswahl auch spitze Zielgruppen an. Wie lässt sich Radiowerbung dafür buchen?

Robby Gierer: Geht es um eine reine „Kontaktkampagne“, bei der lediglich die Anzahl der Kontakte innerhalb einer etwas breiteren Zielgruppe im Fokus steht, sind Platzierungen von Spots in den Webradios eine gute zusätzliche Ergänzung zum Simulcast-Stream oder einer konvergenten Kampagne. Möchte ein Werbungtreibender jedoch gezielt spezielle Interessen mit seiner Kampagne ansprechen, so kann der einzelne Web-Channel ein passendes Umfeld sein. Buchbar sind hier die Werbeformen Pre- und Instream. Die Webradios decken auch saisonale Themen wie Karneval oder Weihnachten ab, was für saisonale Produkte natürlich auch von großem Interesse sein kann. Zudem arbeiten wir gerade an einer Datenplattorm, sodass auch über Targeting nutzerindividuelle Motivausspielungen möglich sind.

Vielen Dank für das Interview.

Haben Sie Fragen zu Radiowerbung? Finden Sie über die Sender zu Ihrem Ansprechpartner.